Kardinal-Wetter-Platz
Der Kardinal-Wetter-Platz in Landau
Friedrich Wetter wurde am 20. Februar 1928 als Sohn einer Eisenbahnerfamilie in Landau in der Pfalz geboren. Die Landauer Marienkirche ist seine Heimatkirche, der er ebenso wie den Menschen seiner Geburtsstadt bis heute verbunden ist.
Im Dankgottesdienst zu seinem 90. Geburtstag am 4. März 2018 würdigte die Stadt Landau ihren Ehrenbürger Kardinal Friedrich Wetter mit der Benennung des Platzes vor der Marienkirche. Das Pontifikalamt zelebrierte Wetter selbst im Beisein von Diözesanbischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann, Dekan Axel Brecht und weiteren Priestern seiner Heimatdiözese. Christian Schad, der damalige Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche der Pfalz überbrachte Glück- und Segenswünsche der Protestantischen Landeskirche und hob in seinem Grußwort besonders Wetters Verdienste um die Ökumene hervor. Im Rahmen des Gottesdienstes überreichte Oberbürgermeister Thomas Hirsch dem Landauer Ehrenbürger symbolisch das Schild für den "Kardinal-Wetter-Platz". Diesen Namen sollte künftig der Platz vor der Marienkirche tragen.
Nach der Neugestaltung der vor der Marienkirche liegenden Bismarckstraße und des angrenzenden Platzes vor dem Westportal der Kirche wurde am 29. August 2020 der nach Kardinal Wetter benannte Platz eingeweiht. Aus gesundheitlichen Gründen konnte Kardinal Wetter nicht nach Landau kommen, richtete jedoch eine Videobotschaft an "seine Landauer". Der Gottesdienst wurde live auf dem Youtube-Kanal der Pfarrei übertragen.
Das Missbrauchsgutachten
Im Januar 2022 war im Münchner Missbrauchsgutachten Kardinal Wetter Fehlverhalten im Umgang mit 21 Fällen vorgehalten worden. Der inzwischen 95-Jährige übernahm Verantwortung für Missbrauchsfälle und räumte ein, sich vor 2010 nicht eingehend mit den fatalen Folgen von Missbrauchstaten für Kinder und Jugendliche auseinandergesetzt zu haben. Bereits im März 2010 schrieb Kardinal Wetter in einer persönlichen Stellungnahme: " Die Verletzung von Kindern und Jugendlichen durch sexuellen Missbrauch tut mir weh. Sie belastet mich sehr. Die Betroffenen und ihre Angehörigen bitte ich in aller Form um Entschuldigung." Die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt Landau gab Wetter kurz nach Veröffentlichung des Gutachtens zurück.
Die Verantwortlichen (Pastoralteam, Pfarreirat, Verwaltungsrat) der Pfarrei Mariä Himmelfahrt beschäftigten sich in einem ausführlichen Prozess mit der Frage, wie mit der Benennung des Platzes und den Möglichkeiten des Gedenkens verantwortungsvoll umzugehen ist.
Gedenkort für Betroffene
>> Der Kardinal-Wetter-Platz in Landau wurde zum Gedenkort für Betroffene – Eine Hinweistafel erinnert an Verdienste des früheren Speyerer Bischofs und benennt Versagen im Umgang mit sexualisierter Gewalt – Betroffenenbeirat im Bistum unterstützte Pfarrei bei der Aufarbeitung <<
Der Pfarreirat der Pfarrei Mariä Himmelfahrt Landau hatte Anfang Oktober 2023 nach mehreren Gesprächen und Beratungen - vor allem mit dem Betroffenenbeirat - eine Entscheidung getroffen: Der Platz vor der Marienkirche wird weiterhin Kardinal-Wetter-Platz heißen. Zusätzlich wird die Pfarrei eine Hinweistafel anbringen, die an Verdienste und Versagen von Kardinal Friedrich Wetter erinnern und schwere Fehler im Umgang mit sexualisierter Gewalt benennt. Der Platz soll hierdurch zu einem Gedenkort für die Betroffenen werden und die Erinnerungskultur aus Sicht der Betroffenen unterstützen und fördern.
Gottesdienst mit dem Betroffenenbeirat in der Marienkirche in Landau
Im Sonntagsgottesdienst, 29. Oktober 2023, an dem auch Vertreterinnen und Vertreter des Betroffenenbeirats im Bistum Speyer teilnahmen, informierte Dekan Axel Brecht die Gemeinde über die Hintergründe der Entscheidung.
"Gedenken ist nicht nur Erinnern an Vergangenes, sondern wirkt in Gegenwart und Zukunft hinein. Dabei ist es uns wichtig, dass sich unser Gedenken zuallererst auf die Betroffenen richtet. Wir wollen bestehende Orte nicht auslöschen, sondern einen Kulturwandel anstoßen: Hinsehen statt wegsehen, Prävention ausbauen und für das Thema Gewalt- und Machtmissbrauch in allen Bereichen sensibilisieren. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, den Platz nicht umzubenennen, sondern mit Hilfe der Hinweistafel ein differenziertes Wahrnehmen zu ermöglichen," so Dekan Axel Brecht, Pfarrer der Pfarrei Mariä Himmelfahrt.
Der Frage, wie mit der Benennung des Platzes und den Möglichkeiten des Gedenkens verantwortungsvoll umzugehen ist, gingen intensive Gespräche mit dem Betroffenenbeirat im Bistum Speyer voraus. Weitere Inhalte des fruchtbaren und intensiven Austauschs zwischen Pfarreivertretern und dem Beirat waren auch die Betroffenenperspektive bei Aufarbeitung von Missbrauch und kirchliche Präventionsmaßnahmen.
"Prävention setzt Aufarbeitung voraus"
"Zum Umgang mit dem Kardinal-Wetter-Platz hat der Betroffenenbeirat eine klare Haltung entwickelt: Wenn der Name verschwindet, verschwinden auch die Taten. Damit geht auch der Blick auf und das Gedenken an die Opfer verloren. Das sollte man verhindern. Unser Ziel ist es, dass unsere Kinder und Enkelkinder in einem sichern Umfeld aufwachsen. Dazu ist Prävention unabdingbar. Doch Prävention setzt Aufarbeitung voraus" äußert Bernd Held, Vorsitzender des Betroffenenbeirats im Bistum Speyer.
"Fundamentaler Perspektivwechsel, weg von der Institution Kirche hin zum Blickwinkel der Betroffenen"
Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann dankt den Verantwortlichen für ihre „sensible und verantwortungsvolle Entscheidung“ und betont: "Durch die Entscheidung der Pfarrei wird das unermessliche und allzu lange nicht gesehene Leid von Missbrauchsbetroffenen ins Zentrum gestellt, ohne die Erinnerung an die Schuld und das Versagen der Institution Kirche und ihrer Amtsträger einfach auszulöschen. Geschehenes Unrecht wird beim Namen genannt, ohne dabei in Schwarz-Weiß-Malerei zu verfallen."
Wiesemann begrüßt insbesondere, dass durch den Einbezug des Betroffenenbeirats deren Perspektive leitend war: "Diesen fundamentalen Perspektivwechsel, weg von der Institution Kirche hin zum Blickwinkel der Betroffenen, möchte auch ich als Bischof von Speyer mit aller Kraft weiter vorantreiben."
Zurzeit werden auf Bistumsebene Grundlinien für die Gedenk- und Erinnerungskultur im Bistum Speyer gemeinsam mit dem Betroffenenbeirat und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission (UAK) erarbeitet, die in den Meinungsbildungsprozess in Landau mit eingeflossen sind.
Zum Hintergrund
Im Münchener Missbrauchsgutachten wurde Kardinal Wetter in mehreren Fällen Fehlverhalten vorgeworfen. In einem schwerwiegenden Fall übernahm er persönliche Verantwortung und entschuldigte sich für seine falsche Entscheidung. Das Forschungsprojekt "Sexueller Missbrauch im Bistum Speyer durch katholische Priester, Diakone, Ordensangehörige und Mitarbeitende des Bistums (ab 1946)" wurde im März 2023 von der Unabhängigen Aufarbeitungskommission (UAK) zur Untersuchung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Speyer in Auftrag gegeben und ist auf vier Jahre angelegt. Die an der Universität Mannheim unter der Leitung von Prof. Dr. Sylvia Schraut durchgeführte Studie schließt auch die Frage ein, wie die Verantwortungsträger auf Bistumsebene mit Hinweisen auf Missbrauchsfälle umgegangen sind und ob sie ihrer Leitungsverantwortung gerecht geworden sind. Auch im Blick auf die Amtsjahre von Bischof Friedrich Wetter als Speyerer Bischof wird diese Fragestellung untersucht. Der am 20. Februar 1928 in Landau geborene Friedrich Wetter war von 1968 bis 1982 Bischof von Speyer.




